Wie Yoga bei nächtlichen Einbrüchen hilft
Am Sonntag hab ich für Juno, das Alleinerziehendennetzwerk, einen Schreibworkshop gehalten. Schön war das. Nachdenklich hat es mich gemacht. Vor einigen Jahren hab ich einen ziemlich enthusiastischen Beitrag geschrieben, in dem ich einige Gründe aufgezählt habe, warum ich gern alleinerziehend bin. Das stimmt immer noch. Es gibt viele Aspekte, warum ich meine Situation gut finde, warum ich gern so lebe. Es gibt viele Aspekte, warum ich mich in keiner konventionellen Kleinfamilie sehe, wenn ich mir grassierende Partnerschaftsdynamiken so anschaue. Und ich glaube, dass ich in vielerlei Hinsicht nicht weniger allein bin als viele Eltern, die zusammenleben. Stichwort gemeinsam einsam.
Schräg war's unlängst, als ich es geschafft hab, mich mitten in der Nacht auszusperren. Ich war 10 Minuten mit dem Hund draußen, bevor ich ins Bett gehen wollte. So, wie ich das täglich mache. Die Kinder schlafen gemütlich, ich dreh eine gschwinde Runde. Komme heim, steckt innen der Schlüssel eines Sohnes. Ich bring die Tür nicht auf!! Und die Babies sind da drin! Ich spür mein Herz in meinem Schädel pochen, ich rüttle fahrig an der Wohnungstür - nix. Klingle Sturm, im Versuch, die Söhne aufzuwecken. Kein Mucks. Letztlich kraxle ich in Schlapfen über eine benachbarte Baustelle, wuchte mich im Adrenalinhigh über 2 Zäune - Spiderwoman Hilfsausdruck, schleiche heimlich durch einen Nachbargarten und lande letztlich mit dezent schlotternden Knien in meinem Kürbisbeet. Der Hund schaut blöd, als ich ein paar Minuten später von innen die Tür öffne.
Beim Zähneputzen lässt das verflixte Adrenalin langsam nach und es zieht mir ein dezent triumphales Grinsen auf - von Einschlafen aber noch lange keine Rede. Als ich die Aktion rekapitulier, fällt mir ein, dass ich in so Situationen komplett automatisch zur Ujjayi-Atmung switche und meine Füße fest auf den Boden stell. Das ist, als würde das Yoga von der Matte ins Chaos herüberkraxeln und mich hilfreich infiltrieren und ich muss sagen: Ich befürworte das sehr.
Abgesehen von derlei Eskapaden möge der Sommer bitte genau so weitergehen. Die Kinder haben das Atelier als neues Habitat entdeckt, weswegen wir während der letzten Tage jeweils zwischen 4-7 Stunden dort verbracht haben. Da wird gepinselt, gespachtelt, gemischt, verwischt, übermalt, wieder zu Tage gefördert. Da werden Stempel geschnitzt und die Kinder sind so friedlich in ihrer Panade voller Gouachefarben. Und ich sitze daneben und freu mich so bis in meinen tiefsten Grund hinein, weil sie offenbar verstehen, was ich beim Malen empfind. Dann flitzen wir nach Neuwaldegg, wo der Hund ebenso begeistert wie vom Jagdtrieb wie ferngesteuert Runde um Runde im Ententeich zieht und dabei so langsam ist, dass die Enten spöttisch vor ihm herscharwenzeln und ihn hin und wieder anschnattern, als wären sie Wiener Hausmeisterinnen.
Was gibt es sonst noch zu erzählen: Will ich unlängst das Handy in der Halterung im Auto montieren, wobei sich Handy und Halterung als widerborstig erweisen Also keppel ich halt ein bissl. Allerdings wusste ich nicht, dass die Söhnchen kurz zuvor beschlossen hatten, es sei an der Zeit, die Spracherkennung einzuschalten. Jedenfalls antwortet das Handy auf meine Keppelei ganz förmlich: "Kein Ergebnis für "geh bitte, du Scheiß-Ding" gefunden". Jetzt könnt ihr euch ausrechnen, wie geflügelt der Satz seither ist, hurra. So, und bevor jetzt jemand mit dem pädagogischen Zeigefinger fuchtelt: Nein, fluchen ist eh nicht das Non-plus-Ultra. Aber wohl dosiert find ich's gesund weil Ventil und authentisch sowieso. Und Authentizität können wir alle gut brauchen, damit wir uns nicht vor lauter selbstoptimiertem So-tun-als-ob versehentlich selber die Luft nehmen.
Schönen Sommer!