Ode an die Selbständigkeit
42. Februar 2013 von evakarel
Es ist so: Ich liebe, was ich tue. Manchmal wundere ich mich beinah über das Geld auf meinem Konto. Gut, manchmal geht’s mir auch gehörig auf die Nerven, aber selten! Ich halte zwei Yogakurse pro Woche, hie und da einen Workshop, ich unterrichte Seminare für wissenschaftliches Schreiben und ich male. Es hat sich so ergeben, indem ich mich immer auf die Dinge konzentriert habe, die mich selbst begeistern und dann ist jedes Mal ein Standbein daraus geworden.
Es würde mir nicht im Traum einfallen, mich tagtäglich acht Stunden oder mehr im Hamsterrad zu bewegen, denn wenn die Sonne scheint, will ich meine Sachen packen und mir die Sonne aufs Hirn scheinen lassen. Wenn eins meiner Kinder Fieber hat, will ich mit dem Glühwürmchen auf der Couch kuscheln. Und Gott bewahre, jemand schriebe mir vor, wann ich Urlaub zu nehmen hätte.
Ich will spielen und da ich meine laufenden Fixkosten gering halte, kann ich quasi tun und lassen, was ich möchte – schließlich bin ich nicht auf einen kontinuierlich hohen Geldfluss angewiesen. Unsere gestrige Diskussion über Besitz versus Miete hat mich auf das Thema dieses Artikels gebracht. Meine Befürchtung ist nämlich, ich könnte meinen Mut verlieren, sobald ich riesige Kreditrückzahlungen im Genick hätte.
Ich hab mich noch nie für einen Job beworben, geschweige denn darauf geachtet, was sich gut in meinem Lebenslauf machen könnte und was nicht. Irgendwie hat immer der Zufall regiert. In den ersten Jahren meiner Selbständigkeit waren meine Existenzängste immens und das waren sie auch durchaus berechtigten Gründen: Die paar äußerst mies besuchten Yogakurse, die ich während meines Studiums hielt, deckten oft nicht mal ansatzweise die Miete meines WG-Zimmers und ich musste mein Studium schließlich selbst finanzieren. Aber man darf sich nicht gleich unterkriegen lassen! Dann tüftelt man eben herum und die Sache beginnt langsam Gestalt anzunehmen.
Als die Yogakurse gut liefen und ich mein Studium abgeschlossen hatte, überlegte ich mir, es wäre doch grandios, mich ein Jahr lang mal ganz dem Schreiben zu widmen. Ich meldete mich kurzum zum einjährigen Lehrgang im writers’studio an. Wie’s der Teufel so will, übergaben sie mir nach meinem Abschluss sämtliche Kurse für wissenschaftliches Schreiben. Wieder ein Standbein mehr. Irgendwann hab ich meinem ehemaligen Diplomarbeitsbetreuer von meinen Kursen erzählt. Ein Semester später richteten sie mir am Institut für Internationale Entwicklung Schreibwerkstätten für DiplomandInnen ein.
Worauf ich hinaus will: Meiner Erfahrung nach fügt sich vieles auf völlig unberechenbare Art und Weise. Ich WILL prognostizierbare Sicherheit gar nicht. Was weiß ich, was noch alles auf mich zukommt? Hätte ich je gedacht, ich würde mal an der Uni unterrichten? Niemals! Je einen Gedanken daran verschwendet, ich würde mit 30 zwei Kinder haben? Vergiss es! Werd ich zwischendurch aufs Maul fallen? Bestimmt! Muss ich wissen, was in ein paar Jahren ist? Nein! Und? Mir geht’s so super.
Ich plädiere für den Mut, das zu tun, nachdem das Herz schreit. Und ihr?
(Der morgige Text beginnt sicher wieder mit “Klappe zu weit aufgerissen…” hihi!)
Bewundernswert in jedem Fall. Dazu bin ich viel zu sehr der Hosenscheißer. Und ja, ich lasse mich gerne von “Denk doch bloß an dein Pensions-Alter, da kriegst du eh nix mehr”-Hysterien mitreißen. Gut, ich liebe meinen Job auch und ich langweile mich, wenn ich nicht meine 8 h am Tag fix was zu tun hab. Und ich will wissen, was ich nächste Woche mache und die Woche darauf und die Woche darauf. Mein Leben während des Studiums und als Barmaid war für mich total nervenaufreibend, weil nicht planbar. Für mich wäre dieser freie Lebensstil nichts, ich brauch Regeln und Linien und vor allem die Sicherheit eines fixen Gehalts, um auch meine Investitionen (demnächst die Eigentumswohnung zB) ermöglichen zu können.
Was mich jetzt auch interessieren würde, deine Zwerge sind ja vermutlich vergleichsweise pflegeleicht, aber ich glaub, wenn ich mal Kinder habe, wäre es mir besonders wichtig, zu wissen, welches Geld mir im nächsten Monat/Jahr/Jahrzehnt zur Verfügung steht. Meine Eltern haben viel Geld in meine Ausbildung und mein Studium gebuttert. Hast du da keine Bedenken, dass da mal Zeiten kommen, wos eng wird?
Ich versteh den Wunsch nach Planbarkeit durchaus – ich war anfangs ordentlich hysterisch diesbezüglich und ich hab’s als entlastend empfunden, als die Uni begann, mir monatlich ein Fixum zu überweisen. Aber letztlich brauch ich’s nicht. Es funktioniert tatsächlich, indem ich mich einfach drauf einlasse. wenn man das ein Zeitl beobachtet hat, wächst die Zuversicht von selbst. So ist’s zumindest mir gegangen. Und ich steig finanziell auch nicht schlecht aus – gar nicht! Mein Freund studiert momentan noch und ich kann die Familie gut auch allein finanzieren.
Bzgl. dem Geld, das in deine Ausbildung investiert wurde: Ich musste mein Studium (unfreiwillig) selbst finanzieren und hab’s nicht leicht gefunden, aber letztlich hat mich das in die Selbständigkeit rutschen lassen und darüber bin ich so froh! Und ich bin auch froh, niemandem Rechenschaft schuldig zu sein darüber, was ich mit meinem Studienabschluss treibe.
Schlussendlich denke ich aber auch, dass es durchaus Typsache ist. Für die einen ist so ein fixer Job ideal, für die anderen ist das nix. Es gibt auch Mitteldinge! Ich finde zb die Kombi super, sich zur Abdeckung der Fixkosten einen Halbtagsjob zu suchen und den Rest der Zeit der Selbständigkeit zu widmen.
liebe grüße!
[…] aus meinem echten leben gegriffen fühlte ich mich von der frage nach selbständigkeit ganz angesprochen, auch wenn mir die leichtigkeit zum finanziellen fehlt (no, kein link zur […]
[…] selbständiges Arbeiten beinhaltet hauptsächlich Homeoffice und in geringem Ausmaß Unterricht. Genau genommen 2 Yogakurse […]